Thomas Heer und die „verschlafene Lisbeth“

Der Upcycling-Designer zeigt auf der Premiere des „handgemacht“-Kreativmarktes in Augsburg am 28. und 29. Januar Proben seines Könnens.

„Die Kreativmärkte sind eine tolle Gelegenheit, direkt mit den Kunden in Kontakt zu treten, ihre Wünsche zu praktischen Details zu hören und ein Feedback auf die eigene Leistung zu bekommen“, sagt der Erfurter Re- und Upcycling-Designer Thomas Heer. Er näht Taschen, Rucksäcke, Laptop-Etuis, Geldbeutel und Gürtel. Dafür verarbeitet er alte Luftmatratzen, Oldtimer-Bezüge, Mattenstoffe, Fahrradschläuche, Lederreste, Sakkos, Lastwagenplanen und andere ausgediente Materialien.

Altes nicht sofort wegwerfen, sondern schauen, was man damit noch anstellen könnte – diese Idee ist ihm quasi in die Wiege gelegt geworden. „Bei uns zu Hause wurde vieles selbst gemacht“, sagt Thomas Heer. „Mutter und Großmutter haben gestrickt und gehäkelt, und mein Vater hat Lampen aus Holz und Crash-Glas gefertigt. Auch bei ausrangierter Kleidung und bei Möbeln war es in meinem Elternhaus üblich, erst mal zu prüfen, ob und wie man die Dinge noch weiterverwenden könnte. Ich bin so groß geworden und fand das schon damals spannend.“ Insofern ist es nicht verwunderlich, dass Thomas Heer sich als Viertklässler für das Schulfach „Nadelarbeit“ begeisterte und sich mit dem Nähen beschäftigte. Aber wie das bei vielen Kids und Jugendlichen so ist, werden Hobbys nach einer Weile schon mal uninteressant und zugunsten anderer Beschäftigungen an den Nagel gehängt. Thomas Heer machte da keine Ausnahme.

„Ich mag keine Artikelnummern“

Viele Jahre später – nach Lehre, Abi, Studium und Bürojob – kam er dann wieder mit dem Nähen in Berührung. „Ich bin viel mit dem Rad unterwegs, und bei einer Tour stürzte ich – meine Fahrradtasche ging kaputt. Da ich sie nicht entsorgen wollte, habe ich mich mit Nadel und Faden hingesetzt, sie repariert und eine Weile später die Naht nochmal mit der Maschine verstärkt“, blickt er zurück.  „Der kleine Fahrradunfall war für mich eine Art „persönlicher Sturz auf den Kopf“, denn ich war plötzlich wieder im Thema drin und fand daran sehr großen Gefallen.“ Danach nähte er eine größere Freizeittasche für sich aus einem Zeltstoff und für seine Frau eine farbenfrohe Ausführung. Dann waren Freunde und Bekannte mit dem Beschenkt-Werden dran: hier mal eine Tasche, dort mal eine Geldbörse.  „Mein Wiedereinstieg in die Näherei war 2009. Damals wusste ich noch nicht, wohin die Reise mal gehen würde. Ich hatte einfach nur Spaß daran, aus alten Dingen etwas herauszuholen.“ Schließlich nahm Thomas Heer mit seinen ersten handgefertigten Taschen an einem kleinen Markt innerhalb eines Dorffestes teil. Ein Kunde sagte: „Ich habe da noch eine ausrangierte Luftmatratze. Kann man auch daraus noch was machen?“ Thomas Heer konnte. Er experimentierte mit Stoffen sowie Verschlüssen – und stellte sein anfängliches Hobby 2011 mit der Gründung seines Labels fawwi (Für Alles Was Wichtig Ist) auf gewerbliche Füße.

Das Besondere an den handgefertigten Produkten ist nicht nur, dass jedes Unikat auf Grund der individuellen Materialien eine Geschichte erzählen kann, sondern auch einen eigenen Namen trägt. „Ich mag keine Artikelnummern“, sagt Thomas Heer. „Deshalb kombiniere ich einen Vornamen aus Omas Zeiten – ich nutze ja auch alte Materialien – mit einer Eigenschaft, die einen Vorgeschmack auf das Aussehen, die Eigenschaften oder die Herkunft des Modells gibt“, erklärt er die Idee hinter der Namensgebung. So wurde der „schlaue Sepp“ mal als Laptoptasche für Studenten entworfen, und die „verschlafene Lisbeth“ ist aus einem Bettmatratzenstoff genäht. Zu haben sind die fawwi-Modelle in Thomas Heers Atelier-Werkstatt, über das Onlineportal fawwi-taschen.de, bei Taschenpartys in lockerer Atmosphäre mit Schnittchen und Sekt – oder eben während der Premiere des Kreativmarktes in Augsburg. Da bringt der Upcycling-Designer unter anderem auch neue Modelle mit: Mal sehen, wie die dann heißen …

Was: „handgemacht“-Kreativmarkt

Wann: 28.01.2017 – 29.01.2017

Wo: Messe Augsburg, Am Messezentrum 5, Halle 7, 86159 Augsburg

Öffnungszeiten: Samstag, 11.00 – 18.00 Uhr

Sonntag, 10.00 – 17.00 Uhr

Eintritt: 5,00 €, Kinder bis 12 Jahre frei

Weitere Informationen: www. https://www.kreativmaerkte.de

https://www.facebook.com/events/1769708606630801

Fotos: fawwi

  • Thomas Heer mit einer Auswahl seiner Taschen
  • Als Upcycling-Designer hat Thomas Heer auch für die alten Trockenhauben eines Friseursalons eine neue Verwendung geschaffen: Licht statt heißer Luft.